(Vor Kurzem ist mir eingefallen, dass ich früher Geschichten aus fünf bis sechs wild gewählten Wörtern geschrieben habe. Ich dachte, es wäre cool, wieder damit anzufangen. Die liebe Helena Hetzelt schenkte mir die o.a. Wörter. Hier ist meine Geschichte:)
Wieso starrte sie jetzt eigentlich schon ewig auf ihr blödes Handy? Ein Video nach dem anderen flackerte vor ihren Augen … „Schluss!“ befahl sie sich und legte es beiseite. Die flackernden Bilder stoppten und stattdessen starrte sie auf die ihr gegenüberliegende weiße Wand. „Eigentlich wollte ich die auch schon ewig gestrichen haben“, seufzte sie und schloss die Augen. Sie hatte einfach keine Energie … Als Kind war sie doch jeden Morgen voller Elan aufgewacht und konnte es gar nicht abwarten in den Tag zu starten! So viele Abenteuer warteten da auf sie – das gruselige Hexenhaus am Ende ihrer Straße musste inspiziert werden, und vielleicht würde sie auf dem Weg dahin ja ein paar Schätze finden! Vielleicht sogar eine Murmel? Sie freute sich und lief los. Plötzlich fühlte sie sich hochgehoben; immer höher und höher, bis sie schließlich hoch in der Luft war. Eigentlich hätte sie Angst haben sollen, aber sie fühlte sich mit so viel Zartheit getragen, dass sie sich einfach nur freute, die Welt mal von oben bestaunen zu können. „Was hat mich da nur hochgehoben?“, wunderte sie sich noch, als sie schon sanft vor einem weißen Gebäude wieder abgesetzt wurde. Sie wusste sofort, wo sie war – sie stand vor ihrer alten Bücherei! Vorsichtig zog sie an der Tür. Ob sie wohl geöffnet hatte? Tatsächlich! Die Tür ging auf, und sofort war sie von diesem einzigartigen Geruch – eine Mischung aus altem Papier, Tinte, Träumen und Geschichten – umgeben. So schön! Sanft ließ sie ihre Hände über die Buchrücken gleiten und schaute staunend an den scheinbar endlosen Regalen hoch. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sie sich wieder lebendig; fühlte wieder dieses aufregende Kribbeln in ihrem Bauch, welches in Sekundenschnelle bis zu ihren Augen hochschoss und diese zum Funkeln brachte. Sie konnte wieder atmen! Was für eine Befreiung! Und dann entdeckte sie es – am Ende des Ganges, in der weiß gestrichenen Holzkiste: Tim und Struppi „Der Blaue Lotus“. Sie grinste, machte es sich auf dem Fußboden gemütlich, öffnete das Buch und begann zu lesen …
25.01.2024 © Elke Thompson
Published on Jan 25, 2024